Zertifizierungsordnung


(Stand: 06.11.2023, ersetzt Fassung vom 07.06.2023)

A) Anwendungsbereich, allgemeine Voraussetzungen

1. Anwendungsbereich
Die Zertifizierungsordnung regelt die Zertifizierung auf Grundlage der DIN-Norm 77700. Sie wird vom Vorstand des Zertifizierungsverbandes der Lohnsteuerhilfevereine (ZVL) beschlossen und im Abstand von zwei Jahren überprüft.

1.1 Im Rahmen der Zertifizierung werden erteilt:

  • ein Zertifikat, wenn Beratungsstellenleiter die Voraussetzungen der Abschnitte 4 bis 7 der Norm erfüllen;
  • ein Teilzertifikat, wenn Beratungsstellenleiter nur die Voraussetzungen der Abschnitte 4.1 und 5 erfüllen;
  • eine Urkunde, wenn Berater, die keine Beratungsstelle leiten, die Voraussetzungen der Abschnitte 4.1 und 5 erfüllen.

1.2 Zulassung und Antragstellung
Zur Antragstellung sind einzureichen:

  • der Antrag auf vorgeschriebenem Formular mit persönlichen Angaben
  • die Erklärung über ein bestehendes Vertragsverhältnis mit einem Lohnsteuerhilfeverein bzw. dem Beratungsstellenleiter eines Lohnsteuerhilfevereins (bei beratenden Mitarbeitern)
  • die Bestätigung des Vereins, dass die Tätigkeit in einer Beratungsstelle ausgeübt wird, die in das Verzeichnis der zuständigen Aufsichtsbehörde eingetragen ist.

Soweit ein Zertifikat beantragt wird, sind darüber hinaus einzureichen:

  • eine gültige Bestätigung (Urkunde) oder ein Zeugnis über die bestandene Prüfung über die Sachkunde gemäß Abschnitt 4.1 und 5 DIN-Norm nach Nummer 2.3.1 der Zertifizierungsordnung.
  • Angaben zur Beratungsstelle, in der die Leitertätigkeit ausgeübt wird.

Angaben und Nachweise sind zu allen geleiteten Beratungsstellen einzureichen.

Mehrere Anträge eines Vereins für seine Berater können von diesem Verein als Sammelantrag gestellt werden.

Der Antrag wird abgelehnt, wenn trotz angemessener Fristsetzung Angaben oder Nachweise nicht eingereicht werden oder der Berater mit der Zahlung fälliger Gebühren in Verzug gerät.

B) Durchführung des Verfahrens

2. Zertifizierung nach Abschnitt 4 und 5 der DIN-Norm – Anforderungen an Berater

2.1 Übergangsregelung (Vermutungswirkung)
(entfallen)

2.2 Regelzertifizierung

2.2.1 Sachkundenachweis
Die allgemeinen Qualifikationsanforderungen gemäß Abschnitt 4.1 und 5 der DIN-Norm sind durch eine Fachprüfung nachzuweisen. Umfang und Durchführung der schriftlichen und mündlichen Prüfung regelt die Prüfungsordnung. Der Sachkundenachweis gilt als erbracht bei 1) bestellten Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten und Wirtschaftsprüfern sowie 2) Personen, die einen mindestens dreijährigen Studiengang einer Hochschule für den öffentlichen Dienst der Finanzverwaltung des Bundes und der Länder (Diplomfinanzwirte, Bachelor) erfolgreich absolviert haben.

2.2.2 Zusammensetzung und Besetzung der Prüfungsausschüsse
Als Mitglieder der Prüfungsausschüsse gem. § 5 der Prüfungsordnung können bestellt werden:

  • Steuerberater,
  • Diplomfinanzwirte,
  • nach der DIN-Norm 77700 zertifizierte Beratungsstellenleiter.

Mindestens zwei der Mitglieder sollen Steuerberater oder Diplomfinanzwirte sein, von denen einer als Vorsitzender einzusetzen ist. Die Besetzung der Prüfungsausschüsse erfolgt durch den Vorstand des ZVL. Die Mitglieder des Prüfungsausschusses müssen Nachweise ihrer Qualifikation und jährlichen Fortbildung erbringen, die beim ZVL aufzubewahren sind. Als eigene Fortbildung zählt auch die Tätigkeit als Dozent. Die Mitglieder der Prüfungsausschüsse müssen unabhängig und neutral sein. Insbesondere dürfen sie keine spezifischen Vorbereitungsveranstaltungen zur Zertifizierung durchführen oder daran beteiligt sein. Die Arbeit der Mitglieder der Prüfungsausschüsse ist regelmäßig schriftlich zu bewerten.

2.2.3 Organisation und Durchführung der Prüfung
Der Vorstand des ZVL gibt zu Beginn eines Kalenderjahres Prüfungstermine und –orte bekannt und sorgt für ordnungsgemäße Durchführung und Dokumentation der Prüfung, insbesondere für Ausgewogenheit und Praxisrelevanz der Prüfungsaufgaben. Einzelheiten zur Organisation und Durchführung regelt das QM-Handbuch.

2.2.4 Einsichtnahme in Prüfungsunterlagen
Der Prüfungsteilnehmer hat ein Akteneinsichtsrecht am Sitz des ZVL. Dessen Zulässigkeit ist an die Einhaltung der nachfolgenden Fristen geknüpft.

1) Der Prüfungsteilnehmer hat spätestens 3 Wochen nach Bekanntgabe des Ergebnisses der schriftlichen Prüfung einen schriftlichen Antrag auf Einsicht unter Angabe der Antragsgründe zu stellen.

2) Der ZVL schlägt bis spätestens 4 Wochen nach dem Eingang des Antrags den Termin für die Einsicht in den Räumen des ZVL vor.

3) Bei der Einsicht dürfen lediglich handschriftliche Aufzeichnungen gefertigt werden, die Fertigung von Kopien oder Fotografien ist unzulässig.

4) Eine Beschwerde gegen das Ergebnis der schriftlichen Prüfung ist schriftlich einzureichen und muss bis spätestens zwei Wochen nach der Einsicht beim ZVL eingehen.

5) Der Prüfungsausschuss prüft die Beschwerde und teilt dem Prüfungsteilnehmer schriftlich das Ergebnis mit.

6) Wird die Beschwerde weiter aufrechterhalten, entscheidet der Schlichtungsausschuss.

2.3 Bestätigung

2.3.1 Erteilung einer Bestätigung über die Sachkunde gem. Abschn. 4.1 und 5 DIN-Norm
Die Berater erhalten ein Zeugnis ohne Prüfungsnote über die bestandene Prüfung sowie eine Bestätigung (Urkunde), die bescheinigt, dass sie die Erfüllung der Anforderungen gemäß Abschnitt 4.1 und 5 der DIN-Norm nachgewiesen haben. Während Beratungsstellenleiter diese Bestätigung in Form eines Teilzertifikats erhalten, dürfen Berater, die nicht mit der Leitung einer Beratungsstelle betraut sind, die Bezeichnung „Zertifizierte(r) Steuersachbearbeiter(in) (ZVL) – geprüft nach DIN 77700“ führen.

2.3.2 Überwachung und Laufzeit
(entfallen)

3. Zertifizierung nach Abschnitt 6 und 7 der DIN-Norm – Anforderungen an Beratungsstellen
Berater, die das Zertifizierungsverfahren nach den Abschnitten 4.1 und 5 der DIN-Norm erfolgreich abgeschlossen haben – gegebenenfalls unter Anwendung des Abschnitts 4.2 DIN-Norm – und die eine gültige Bestätigung nach 2.3.1 vorlegen, sind zum Verfahren nach den Abschnitten 6 und 7 zuzulassen.

3.1 Übergangsregelung (Vermutungswirkung)
(entfallen)

3.2 Nachweise

Die Erfüllung der Anforderungen nach Abschnitt 6 und 7 der DIN-Norm ist vom Beratungsstellenleiter auf vorgeschriebenem Formular mit ergänzender Dokumentation nachzuweisen. Bei Leitung von zwei Beratungsstellen sind beide in das Zertifizierungsverfahren einzubeziehen. Ausreichend ist die Angabe, dass die Arbeitsweise in der 2. Beratungsstelle der Arbeitsweise in der 1. entspricht. Darüber hinaus sind die Mitarbeiter der 2. Beratungsstelle namentlich zu benennen und die Eintragung der Beratungsstelle in das Verzeichnis bei den Aufsichtsbehörden nachzuweisen.
Eingereichte Unterlagen werden Eigentum des ZVL.

Die Angaben im Formular sind vom Vereinsvorstand zu bestätigen. Diese Bestätigung wird nur anerkannt, wenn der Vereinsvorstand durch Haftungsübernahme den Ausgleich der zusätzlichen Kosten gewährleistet, die sich aus einer erhöhten Zahl von Nachschauen wegen der Erhöhung der Stichprobe nach Tz 4.1.2 ergeben, und zwar unabhängig davon, ob die zusätzlichen Kosten auf vorsätzlich oder fahrlässig wahrheitswidrige, die Zertifizierungsanforderungen nicht oder nicht mehr erfüllenden Angaben eines oder mehrerer Berater beruhen oder in den unmittelbaren Verantwortungsbereich des Vereinsvorstands fallen oder weder den Beratern noch dem Vereinsvorstand zugeordnet werden können (Gefährdungshaftung). Erteilt der Vereinsvorstand diese Bestätigung nicht oder wird sie nicht anerkannt, nimmt der Berater an der Stichprobenauswahl (Tz 4.1.1 Satz 2) nicht teil, mit der Folge, dass die Dokumentation nach Absatz 1 Satz 1 stets vor Ort zu überprüfen ist.

3.3 Auswertung
Ergibt die Auswertung des vorgeschriebenem Formulars nach dem Bewertungsschema des ZVL, dass die Voraussetzungen der Norm nicht erfüllt sind, hat mit angemessener Fristsetzung eine Nachbesserung zu erfolgen, es sei denn, die Abweichungen führen zum Abbruch der Zertifizierung.

C) Zertifikat, Laufzeit, Überwachung

4. Zertifikat
(entfallen)

4.1 Überwachung und Gültigkeitsdauer

Das Zertifikat, das Teilzertifikat und die Bestätigung (Urkunde) sind fünf Jahre gültig. Ergeben sich im Zuge der laufenden Überwachungen keine Beanstandungen, bleiben sie auf Antrag weitere fünf Jahre gültig. Während der Laufzeit überwacht der ZVL die Tätigkeit als Berater sowie die Erfüllung der Fortbildungsverpflichtung gemäß Ziffer 6.8 der DIN-Norm. Der Berater wird spätestens nach Ablauf von fünf Jahren aufgefordert, Fortbildungsnachweise gemäß Abschnitt 6.8 der DIN-Norm für die unmittelbar zurückliegenden bis zu fünf Jahre ab dem Zeitpunkt der Erteilung einzureichen.
Werden diese Nachweise nicht erbracht, endet die Gültigkeit. Gleiches gilt, wenn der Berater mit der Bezahlung fälliger Gebühren in Verzug gerät. Wegen der Dienstleistungserbringung (Abschnitt 6 und 7 der DIN-Norm) wird der Berater spätestens nach Ablauf von fünf Jahren aufgefordert, die Übereinstimmung mit den ursprünglichen Angaben sowie etwaige Änderungen auf vorgeschriebenem Formular zu erklären. Die Anforderung erfolgt ebenfalls bei Umzug der Beratungsstelle. Entsprechend der Anzahl und Bedeutung festgestellter Abweichungen bei Auswertung des Formulars folgt eine vorrangige Anforderung.

4.1.1 Audits und Stichproben
Die Richtigkeit der Angaben zu zertifizierten Beratungsstellen wird nach Terminabsprache am Ort der Beratungsstelle überprüft. Dies erfolgt stichprobenartig durch eine Auswahl unter den Zertifikatsinhabern oder bei begründetem Anlass zu einer Nachschau vor Ort. Die Absage eines verbindlich vereinbarten Audittermins durch den Zertifikatsinhaber ist lediglich in begründeten Ausnahmefällen möglich.

Die Auditoren werden vom Vorstand des ZVL bestellt. Sie sind zu unabhängiger und neutraler Bewertung verpflichtet. Die Auditoren dürfen für keinen Lohnsteuerhilfeverein tätig sein. Unschädlich ist eine zeitweilige Tätigkeit als externer Fachreferent.

4.1.2 Bildung der Stichprobe
Die Stichprobe bildet der Vorstand des ZVL.

Von den durch Zertifikatsinhaber geleiteten Beratungsstellen ist jährlich eine bestimmte Anzahl (Stichprobe) nach dem Zufallsprinzip zu prüfen. Für jeden Verein mit zertifizierten Beratungsstellenleitern ist mindestens eine Beratungsstelle innerhalb eines Jahres nach Erteilung des ersten Zertifikats zu prüfen. Zweite Beratungsstellen, die keine Nebenberatungsstellen sind (keine Erleichterungen nutzen), sind in die Stichprobe einzubeziehen. Es ist in diesem Fall pro Leiter nur eine Beratungsstelle zu prüfen. Nebenberatungsstellen (mit Erleichterungen) sind nicht in die Stichprobe einzubeziehen. Bei Auswahl der ersten Beratungsstelle ist die Nebenberatungsstelle ebenfalls zu prüfen. Jede Beratungsstelle kann innerhalb von zehn Jahren zweimal geprüft werden. Eine aufgrund von Abweichungen erforderliche Nachschau zählt hierbei nicht mit. Ist bei einem Verein für eine größere Zahl von Beratungsstellen eine erhebliche Abweichung festzustellen, ist die Stichprobe für diesen Verein zu erhöhen.

4.2 Nachbesserung, Aberkennung des Zertifikats

Entsprechend dem Bewertungsschema zum vorgeschriebenen Formular ist bei Abweichungen unter angemessener Fristsetzung eine Nachbesserung festzulegen oder das Zertifikat abzuerkennen.

4.3 Herausgabe vor Ablauf der Laufzeit, Wiedererteilung
Bei Ablauf der Gültigkeit vor Ablauf der Laufzeit darf der Berater Zertifikate, Teilzertifikate und Bestätigungen (Urkunden) nicht länger verwenden. Das gilt auch für den Fall der Beendigung seines Vertragsverhältnisses mit dem Lohnsteuerhilfeverein. Die Wiedererteilung erfolgt auf Antrag entsprechend Ziffer 1.2

D) Schlussvorschriften

5. Schlichtungsausschuss
Zur Regelung offener Fragen, die sich im Verlauf der Zertifizierung ergeben, und zur Klärung von Eingaben und Beschwerden der zu Zertifizierenden oder Dritter ist ein Schlichtungsausschuss zuständig. Der Schlichtungsausschuss besteht aus je einem Vorstandsmitglied der Vorstandsverbände und einer unabhängigen dritten Person mit Fachkenntnis zu Zertifizierungsverfahren. Der Schlichtungsausschuss wird vom Vorstand des ZVL bei Bedarf einberufen. Seine Beschlüsse werden mehrheitlich gefasst und sind unanfechtbar.

6. Aufbewahrung der Unterlagen
Der ZVL bewahrt Buchführungsunterlagen entsprechend den gesetzlichen Aufbewahrungsfristen (derzeit 10 Jahre) auf. Im Rahmen der Zertifizierung eingereichte Unterlagen, zum Beispiel Nachweise über Fortbildungen, die Dokumentation zu den Abschnitten 6 und 7 der Norm, unterschriebene Bestätigungen etc. sind sechs Jahre lang aufzubewahren.

Nachweise und sonstige Unterlagen im Zusammenhang mit der schriftlichen und mündlichen Prüfung sind bis zum Ablauf des ersten auf das Prüfungsende folgende Kalenderjahr aufzubewahren.

Die Archivierung in ausschließlich digitaler Form ist zulässig.

7. Meldepflichten
Zertifikatsinhaber müssen dem ZVL unverzüglich den Wegfall von Voraussetzungen zur Gültigkeit des Zertifikats mitteilen. Dies gilt insbesondere bei Wegfall des Vertragsverhältnisses mit dem Lohnsteuerhilfeverein, bei Löschung der Beratungsstelle im Verzeichnis der Lohnsteuerhilfevereine bei der Aufsichtsbehörde, bei Übernahme oder Wegfall der Leitung einer zweiten Beratungsstelle sowie bei Wegfall der Erleichterungsvoraussetzungen einer Nebenberatungsstelle. Weiterhin zu melden sind Adressänderungen (insbesondere Umzug einer Beratungsstelle, Umzug des Zertifikatsinhabers).

8. Gebühren

Die Höhe der vom Antragsteller zu entrichtenden Zertifizierungsgebühren und das Verfahren regelt die zum Zeitpunkt der Antragstellung gültige Gebührenordnung.

9. Inkrafttreten
Die Zertifizierungsordnung ist am 1. November 2006 in Kraft getreten.


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